Die Tiefen des Innen

Arthur Schopenhauer: “Daß moralische Untersuchungen ungleich wichtiger sind als physikalische und überhaupt als alle andern, folgt daraus, daß sie fast unmittelbar das Ding an sich betreffen, nämlich diejenige Erscheinung desselben, an der es, vom Lichte der Erkenntnis unmittelbar getroffen, sein Wesen offenbart als Wille. Physikalische Wahrheiten hingegen bleiben ganz auf dem Gebiete der Vorstellung, d. i. der Erscheinung und zeigen bloß, wie die niedrigsten Erscheinungen des Willens sich in der Vorstellung gesetzmäßig darstellen. – Ferner bleibt die Betrachtung der Welt von der physischen Seite, so weit und so glücklich man sie auch verfolgen mag, in ihren Resultaten für uns trostlos: auf der moralischen Seite allein ist Trost zu finden: indem hier die Tiefen unsres eigenen Innen sich der Betrachtung auftun.”

C. G. Jung: “Wie die Seele sich nach unten in die organisch-stoffliche Basis verliert, so geht sie nach oben in eine sogenannte geistige Form über.”
Und: “Daß die Welt nicht nur ein Außen, sondern auch ein Innen hat, daß sie nicht nur draußen sichtbar ist, sondern auch in zeitloser Gegenwart aus dem tiefsten und anscheinend subjektivsten Hintergrund der Seele übermächtig auf uns wirkt, halte ich für eine Erkenntnis, die unbeschadet der Tatsache, daß sie eine alte Weisheit ist, in dieser Form es verdient, als ein neuer weltanschauungsbildender Faktor gewertet zu werden.”
Dies Innen schreitet hinab ins Unbewußte auf den Grund der Person und darüber in die noussphärische Ebene der geistigen Konzepte. Dort ist die Apriorie zur Erscheinungswelt. Die Durchdringung des Materiellen und des Objektes auf seinen Grund verbindet uns mit dem Geist – an dem wir freilich allgegenwärtig anteilig sind – und hierin besteht wahrhaft der Trost: dem wir – bei aller Entfremdung – nachspüren können so wir nur bereitet sind hierfür, und dem wir uns angleichen. Die Trostlosigkeit aber aller physischer Betrachtung beruht auf unserem Wunsch zur Perpetuierung des Vorfindlichen.