Groß in der Widrigkeit

Arthur Schopenhauer: “Wir fühlen den Schmerz, aber nicht die Schmerzlosigkeit; wir fühlen die Sorge, aber nicht die Sorglosigkeit; die Furcht, aber nicht die Sicherheit. Wir fühlen den Wunsch, wie wir Hunger und Durst fühlen; sobald er aber erfüllt worden, ist es damit wie mit dem genossenen Bissen, der in dem Augenblick, da er verschluckt wird, für unser Gefühl dazusein aufhört. Genüsse und Freuden vermissen wir schmerzlich, sobald sie ausbleiben: aber Schmerzen, selbst wenn sie nach langer Anwesenheit ausbleiben, werden nicht unmittelbar vermißt, sondern höchstens wird absichtlich mittels Reflexion ihrer gedacht. Denn nur Schmerz und Mangel können positiv empfunden werden und kündigen daher sich selbst an: das Wohlsein hingegen ist bloß negativ. Daher eben werden wir der drei größten Güter des Lebens, Gesundheit, Jugend und Freiheit, nicht als solcher inne, solange wir sie besitzen; sondern erst, nachdem wir sie verloren haben: denn auch sie sind Negationen. Daß Tage unseres Lebens glücklich waren, merken wir erst, nachdem sie unglücklichen Platz gemacht haben.

…beweist, daß unser Dasein dann am glücklichsten ist, wann wir es am wenigsten spüren: woraus folgt, daß es besser wäre, es nicht zu haben.”

Es gibt aber eine Verortung – die ein ganz anderes Spüren impliziert – , die in diesem Leben eine innere Hebung herbeiführt, die in ihrer Bewußtheit über das hiesige Leben weit hinausweist, die nicht Negation ist, sondern positive Bestimmung samt der ihr eigenen Kraft. Dies meint eine Verortung im Hohen oder im inneren Wesenskern und ihre Stärkung und Entwicklung, die bereits im Leben kultiviert werden kann, die im Leben selbst über diesem Leben steht, so man sich nach dem Hohen ausrichtet und öffnet und Energetisches vom Ganzen einfließen und Platz nehmen läßt. So wird die Hiesigkeit in der Widrigkeit groß aus dem eigenen Innen allein und die Widrigkeit nur zur symbolhaften Umgebung (der eigenen inneren weltkreierenden Distraktion) und so über das eigene Fortkommen. Denn das Fortkommen nach den wahren und ewigen Gesetzen erfährt in der defizienten Hiesigkeit naturgemäß mannigfaltigen Widerstand und soll gerade hieran entwickelt werden.
Bei Carlos Castaneda heißt es, der Krieger (als jemand, der sein Bewußtsein entwickelt) habe ein Recht auf seine tiefe Traurigkeit, aber diese Traurigkeit sei nur dazu da, ihn zum Lachen zu bringen.